Review< Zurück 07.02.2010

Sherlock Holmes

Von Elke Anzenbacher

Sherlock Holmes und Dr. Watson sind jetzt sexy Nahkampfprofis!
Das London des späten 19. Jahrhunderts ist Schauplatz einer Two-Men-Show und begleitet die englischen Kultfiguren aus der Feder von Arthur Conan Doyle bei deren engagierter Jagd nach einem kuriosen Ritualmörder.

Wir befinden uns im London des späten 19. Jahrhunderts inmitten einer spannenden Jagd auf einen mysteriösen Verbrecher, der gerade dabei ist sein nächstes Opfer hinzurichten. Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.) gelingt es mit seinem Gefährten Dr. Watson (Jude Law) in letzter Sekunde den Ritualmord am so passenden Schauplatz, einer Gruft, zu verhindern. Die beiden Protagonisten erledigen die Meute im Alleingang und verhindern die Hinrichtung der wehrlosen "Jungfrau", bevor die Exekutive viel zu spät eintrifft.   

Unter der schwarzen Kutte des Gestellten verbirgt sich ein Altbekannter der beiden, Lord Blackwood (Mark Strong). Der Serienmörder kommt nun mit der gewissen Aussicht auf den Galgen hinter Gitter, was ihn offensichtlich nicht sonderlich beunruhigt. Als seinen "letzten Wunsch" bestellt Lord Blackwood niemand geringeren als Sherlock Holmes zu sich in den Kerker und warnt ihn unmittelbar vor seiner Hinrichtung, dass er mit den dunklen Mächten im Bunde stehe und nach seinem Tod noch drei weitere Menschen sterben würden.
Sherlock Holmes nimmt dies nicht weiter Ernst, bis wieder eigenartige Morde geschehen. Dem nicht genug, erscheint Lord Blackwood als Wiederauferstandener - nur drei Tage nach seiner Hinrichtung.


Bei der Exhumierung der Leiche stellt sich nicht nur heraus, dass Lord Blackwoods Gruft von innen heraus zertrümmert wurde, sondern dass sich außerdem eine andere Leiche im Sarg befindet. Die Ereignisse überschlagen sich - London ist in Panik und Scottland Yard steht vor einem schier unlösbarem Rätsel. Es ist nun an Sherlock Holmes sich fieberhaft der Auflösung des Falles zu widmen. Zu allem Überfluss erscheint auch noch der persönlicher Schwachpunkt des Privatdetektivs auf der Leinwand - seine Altbekannte und mehrfach Ex-Geliebte Irene Adler (Rachel Mc Adams), die sich im weiteren Verlauf als hauptberuflich tätige Meisterdiebin und Betrügerin outet.

Das Zweiergespann Holmes-Watson wird durch Miss Adler ergänzt - zu dritt versuchen sie nun das rätselhafte Treiben als Bluff aufzudecken. Lord Blackwoods letzter Streich, das angekündigte "Attentat"  auf die Houses of Parliaments, gilt verhindert zu werden.

  Darf Guy Richie Englands Parade-Privatdetektiv zu einem Action-Held mutieren lassen?

Nun stellt sich für jeden Sherlock Holmes Fan - dem Anhänger jenes raffinierten englischen Gentleman, der durch seine besondere Beobachtungsgabe und scharfsinnigen Schlussfolgerungen überzeugt, die Frage: "Hat Guy Richie die Figur des Privatdetektiv völlig zweckentfremdet, oder findet man Arthur Conan Doyle´s Romanfigur im Film wieder?"

An dieser Stelle muss ich mich als geläuterte Unwissende outen. Für diejenigen, welche die Romanvorlagen nicht kennen, mag der Trugschluss naheliegen, dass Guy Richie hier einer Kultfigur eine neues, aufregendes - und für seine Zwecke ach so passendes Gewand überzieht. Falsch! Robert Downey Jr. hat mit der Romanvorlage mehr gemein, als man auf Anhieb vermutet. Tatsächlich ist es so, dass auch Holmes im Buche neben jenen intellektuellen Eigenschaften Fertigkeiten in der Kampfkunst mitbringt und die auch einzusetzen weiß.

"Watson, Sie verfügen über die große Gabe des Schweigens - das macht Sie zu einem unschätzbaren Gefährten"  (Holmes zu Watson)


Das Duo Holmes und Watson schlägt sich vom Auftakt bis zum großen Finale sprichwörtlich mit den Fäusten durch. Mit viel Action und fast malerisch in Slow-Motion dargebrachten Explosionsszenen, versucht Guy Richie zu punkten. Auch die vorweg geschickten, durch Monologe  sich selbst erklärenden Angriffssequenzen von Holmes sind sehr passabel. Die innige Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren, welche immer wieder in Form der offensichtlichen Eifersucht von Holmes auf Watsons Zukünftige und seinen bevorstehenden Auszug aus der Männer-WG angedeutet wird, ist ebenfalls sehr erfrischend und lockert auf.

Genie und Wahnsinn liegen bei Holmes nicht weit voneinander entfernt – neben seiner Gabe die Tatbestände forensisch zu analysieren, ist er im privaten Leben durchaus etwas zerstreut und braucht immer wieder den brüderlichen "Tritt in den Hintern" von Watson, um voranzukommen.

Was man jedoch wirklich neben all dem Knochenknacken, Jiu Jitsu und freundschaftlichen Geplänkel kritisieren muss, ist die komplette begleitende Rahmenhandlung – die bleibt nämlich sprichwörtlich auf der Strecke und schwingt alles andere als harmonisch mit. Neben den zwei Hauptfiguren erscheint mir alles weitere nicht ganz stimmig, um nicht zu sagen schnöde und langweilig. Besonders die Rolle des Bösewichts in diesem Spiel – Lord Blackwood. Die Zwischensequenzen sind ermüdend in die Länge gezogen und verleiten immer wieder zum Abschweifen.

Ehre, wem Ehre gebührt...

Alles in Allem hat es Robert Downey Jr. bei seiner Rede bei der Verleihung des Golden Globes an ihn (Auszeichnung für den Besten Hauptdarsteller) recht gut auf den Punkt gebracht. "Er sollte nicht seinem Team und allen Beteiligten danken, sondern vielmehr Sie ihm... Er sei schließlich der Grund, dass der Film neben dem gewaltigen Konkurrenten "Avatar - Aufbruch nach Pandora" nicht vollends untergegangen sei."  Ich stimme Herrn Downey Jr. hier voll und ganz zu, auch wenn er es natürlich nicht ernst gemeint hat. Guy Richie´s Interpretation des Sherlock Holmes lehnt sich hauptsächlich an die gut gewählte Starbesetzung der Hauptfiguren. Die Wahl hat er aber gut getroffen und somit eine unterhaltsame, höchst attraktive Version von Sherlock Holmes und seinem treuen Dr. Watson auf die Kinoleinwand gezaubert!

Bleibt abzuwarten, welchen Kurs Guy Richie weiter einschlägt - mit dieser Mischung aus Action-Krimi mit großer Komödienlastigkeit... hat er da einen Fuß mehr Richtung Hollywood-Olymp gesetzt (?)

Meine Wertung:
3.5 Kinomos